F&A - Detroit Red Wings
2017-08-03
Sehr geehrter Herr Rohac,
in Vorbereitung auf dieses Interview haben wir uns natürlich ein wenig mit der Geschichte der Detroit Red Wings beschäftigt. Schaut man sich die nackten Zahlen an kann man eigentlich nur den Hut davor ziehen, was Sie als GM der Red Wings mit Ihrer Franchise erreicht haben. Wie Stolz sind Sie persönlich auf das, was Sie über Jahre hinweg mit großem Erfolg aufgebaut haben?
Ich bin sicherlich nur ein ganz kleiner Teil der Geschichte der Red Wings, eines der traditionsreichsten Teams der GFHL. Hier arbeiten sehr viele Menschen daran, Erfolg zu haben und das schon lange vor meiner Zeit. Aber um auf die Frage zurückzukommen, ich persönlich bin natürlich schon stolz darauf, was hier in Detroit über die Jahre gewachsen ist. Ganz besonders macht es mich stolz, dass wir alle hier es geschafft haben auf längere Zeit ein wirklich konkurenzfähiges Team auf die Beine zu stellen. Das lässt mich nachts gut schlafen. Sicherlich haben wir gute Trades getätigt und auch ein glückliches Händchen im Draft gehabt. Aber man braucht letzten Endes auch viel Glück, um die Erfolge einzufahren. Gute Arbeit ist keine Garantie für Titel. Dafür ist Sport zu unberechenbar. Mich macht es stolz, dass ich ein Team habe, das mir Freude macht, das stark und auf lange Sicht die Möglichkeit hat, erfolgreiches und attraktives Eishockey zu spielen. Denn letzten Endes stehen wir gegenüber den Fans, die die Eintrittskarten und unsere Trikots kaufen, in der Verantwortung. Wenn das gelingt, bin ich stolz.
Was ist Ihr persönliches Geheimrezept bei der Zusammenstellung eines Teams, können Sie da ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern?
Ja, also selbst wenn es so ein Geheimrezept gäbe, würde ich es natürlich nicht ohne weiteres ausplaudern. Aber ich habe wirklich keins und ich denke es gibt auch keines. Jedes Team, jede Franchise ist anders aufgebaut und strukturiert, hat andere Voraussetzungen. Ich habe hier in Detroit versucht, eine gute Mischung zwischen langfristigen Plänen und kurzfristigen zu finden, einen guten Mittelweg halt. Ich bin kein Fan von radikalen Rebuilds oder einem blinden Festhalten an alten Strukturen, in der Hoffnung es wird immer so weiter gehen. Was ich sagen kann ist, dass ich versucht habe kurzfristigen Erfolg mit langfristigen Zielen zu kombinieren. Aber wie gesagt, man braucht verdammt viel Glück, damit sich die Spieler auch so entwickeln, wie man es erhofft und benötigt.
Schauen wir uns mal ein paar Zahlen und Erfolge genauer an:
2010/2011 --> Conference-Finale
2011/2012 --> Conference-Halbfinale
2012/2013 --> PlayOffs verpasst
2013/2014 --> Conference-Halbfinale
2014/2015 --> StanleyCup-Sieger
2015/2016 --> StanleyCup-Sieger
2016/2017 --> Conference-Finale
Mit einer Ausnahme in den letzten 7 Jahren immer in den PlayOffs vertreten, nie in der ersten Runde ausgeschieden. Erster absoluter Höhepunkt sicherlich der Titelgewinn 2014/2015, welcher dann aber nochmal durch die Titelverteidigung getoppt wurde. Das außergewöhnliche dabei für uns war, das Sie die beiden Titel recht souverän nach Detroit holen konnten. Wie empfinden Sie diese kleine Zeitreise, wenn Sie die Erfolge nochmal aufgelistet sehen und worin sehen Sie den Schlüssel dieser Erfolgsgeschichte?
Ja da bekomme ich schon eine Gänsehaut. Das waren ein paar echt unglaubliche Jahre. Um ehrlich zu sein, habe ich das erst jetzt nach dem Ausscheiden gegen Phily richtig realisiert. Man war einfach zu sehr damit beschäftigt, an die Erfolge anzuknüpfen. Zumindest hat man den Druck gespürt, wieder oben mitspielen zu müssen. Da war nie wirklich viel Zeit über das geleistete nachzudenken. Da tut einem eine Niederlage manchmal sehr gut. Da wird man auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen und hat endlich mal Zeit ohne Erwartungsdruck auf die Vergangenheit zu schauen. Und man stellt auf einmal fest, dass man eigentlich schon mehr erreicht hat, als man je erwartet oder erhofft hat.
Der Schlüssel für den Erfolg liegt meiner Meinung nach im Trainerteam. Man hat es geschafft, das ohne Zweifel vorhandene große Talent so zu fördern, dass man alle Spieler nahezu zeitgleich auf ihren Leistungshöhepunkt gebracht hat. Man hat immer Talent im Team. Aber um ganz oben zu stehen, müssen alle innerhalb eines begrenzten Zeitraums auch ihre Topleistung bringen. Da hat der GM wenig Einfluss drauf.
In der Career Regular Season Statistics aller GFHL-GM´s belegen Sie den 4. Platz. Verfolgen Sie so eine Statistik, oder ist das eher eine Randnotiz für Sie?
Um ehrlich zu sein, hatte ich bis jetzt von dieser Statistik keine Ahnung. Es gibt ja irgendwie offensichtlich für alles eine Statistik. Ich verfolge auf jeden Fall nicht das Ziel, diese Statistik irgendwann anzuführen. Das ist ja mehr so ein Nebenprodukt der eigentlichen Arbeit die man leistet. Aber ich gebe zu, gut sieht es sicherlich aus. Aber kaufen kann man sich davon nichts.
Sie haben nach so vielen Jahren eine Siegquote (Regular Season) von über 58% vorzuweisen. Kann man mit Leben, oder?
Joa, auch das klingt ganz nett, aber auch hier muss ich sagen, dass diese Statistik ein Nebenprodukt der tatsächlichen Arbeit ist. Ich denke, die Zahl zeigt nur, dass man sehr erfolgreich gespielt hat. Aber das haben viele andere auch. Wirklich aussagekräftig ist diese Statistik wie viele andere daher nicht. Denn sie bietet keine Garantie am Ende ganz oben zu stehen. Aber hübsch ist sie schon.
In der Career PlayOff Season Statistics kann man sagen, liegen Sie mit Andreas Schatz, der jetzt wieder mit den Golden Knights aktiv in den Ligabetrieb eingestiegen ist, auf dem 2. Platz.
Ist nun der Angriff auf den bisherigen All-Time-Champion der PlayOffs, GM Markus von den Tampa Bay Lightning geplant?
Haha, ja da wird Markus was dagegen haben. Wir haben ja ein wirklich gutes Verhältnis und sehen uns eigentlich nicht als Konkurrenten. Aber ich gebe zu, der Gedanke gefällt mir, Markus in Zukunft ärgern zu können. Ich denke, er wird sicherlich was dagegen haben. Also ich verspreche, diese Statistik werde ich in Zukunft im Blick behalten!!
Ein Team, welches immer vorne mitspielt, hat seinen Preis. Im wahrsten Sinne des Wortes. Top-Spieler wie beispielsweise Patrick Kane, Nathan MacKinnon, Ryan Getzlaf (nun UFA), Tuuka Rask (während der Saison gewechselt), Erik Johnson und Victor Hedman spielen nicht für einen Sack voller Pucks. Das muss finanziert werden. Hier haben Sie eine Mischung hinbekommen, die jeweils unter dem Salary Cap lag. Schaut man sich nun aber Ihr Projected Bank Account an liegen Sie auch hier von allen GM´s deutlich vorne. Wirtschaftlich steht Ihre Franchise somit auf Jahre hinweg sehr solide da.
Liegt der Hauptgrund hier an den erfolgreichen Jahren und den damit verbundenen Einnahmen, oder achten Sie auf besondere Weise auf wirtschaftliche Entscheidungen?
Ja da haben Sie Recht. Die Jungs werden nicht billiger, gerade weil sie nun mal erfolgreich sind. Das meinte ich mit der Aussage, dass man eigentlich nicht viele Jahre Zeit hat, einen Titel mit einer Mannschaft zu holen. Ganz oben mitzuspielen, ist einfach schwierig. Wir stehen finanziell sehr gut dar, weil wir natürlich erfolgreich waren und entsprechend Geld kassiert haben. Ich habe dennoch immer versucht, wirtschaftlich zu arbeiten. Ein dauerhaftes Minus kommt für mich nicht in Betracht. Aber natürlich geht man ab einem gewissen Zeitpunkt ein kalkulierbares Risiko ein. Mit dieser Truppe würde man ohne Playoffs langfristig keine Freude haben. Aber aufgrund unserer soliden Finanzen kann man auch ein, zwei Jahre ohne Playoffs verkraften. Dieses gewisse Risiko können wir uns zumindest jetzt erlauben. Wichtig ist, dass man gute Personalentscheidungen trifft. Das hält ein Team auf Erfolgskurs.
Kommen wir kurz zum Hier und Jetzt. Im Draft 2017 haben Sie an zweiter Stelle ziehen können. Waren Sie überrascht, dass die Pittsburgh Penguins an erster Stelle Nolan Patrick gezogen haben und Sie somit bei Nico Hischier zugreifen konnten und sind Sie mit dieser Konstellation glücklich?
Also wir hatten uns ehrlich gesagt bis kurz vor Schluss alles offen gehalten. Wir hatten drei Spieler im Blick, sind aber dennoch davon ausgegangen, dass Hischier als erster gehen wird. Daher waren wir schon etwas überrascht, dass er noch da war als wir dran waren. Da mussten wir schon nochmal kurz in uns gehen. Aber es war schnell klar, dass man da zuschlagen muss. Wir sind sehr froh, ein solches Talent in unseren Reihen zu haben. Wie ich bereits in der Pressekonferenz nach dem Draft gesagt habe, halte ich Nico für das größte Schweizer Talent aller Zeiten. Auch dies ist ein Baustein für einen langfristigen Erfolg, den wir letzten Endes nicht beeinflussen konnten. Wir hatten Glück, dass uns die Lottery so weit nach vorne gespült hat.
Wenn Sie den Blick ein wenig in die Zukunft richten, wie wird die Story der Red Wings weiter gehen? Bleibt der Kurs, jedes Jahr um den StanleyCup mitzuspielen?
Ja das wäre natürlich ein Traum. Aber das wird wohl kaum auf Dauer möglich sein. Man kann als GM nur eine konkurrenzfähige Truppe aufbauen, aber der finale Erfolg ist nie garantiert, weil es zu viele zugute Mannschaften in dieser Liga gibt. Mein Ziel ist es, dass die Red Wings auf Dauer eine starke Mannschaft haben, die die Chance hat, einen Titel zu holen und die den Fans Freude bereitet. Damit wäre ich sicherlich mehr als zufrieden. Realistisch gesehen wird auch auf uns früher oder später ein Rebuild zukommen. Ich versuche, dass dieser fliesend stattfinden kann, ohne den Erfolg zu sehr zu beeinflussen.